Projekt "Primrose"

„Primrose“ war ein EU-Forschungs-Projekt über Pflanzen-Kläranlagen. Wir arbeiteten daran in der Zeit von 2001 bis 2004. Unser Beitrag waren Modell-Versuche. Wir schauten, wie sich Schweb-Stoffe verhalten. Wenn mehr Schweb-Stoffe in der Pflanzen-Kläranlage zurückgehalten werden, ist die Wirkung besser.

„Primrose“ ist eine englische Abkürzung für PRocess based Integrated Management of constructed and Riverine wetlands for Optimal control of wastewater at catchment ScalE. Es ist ein Forschungs-Projekt der Europäischen Union über Pflanzen-Kläranlagen in der nördlichen Klima-Zone. Forschungs-Anstalten aus Estland, Finnland, Norwegen, Österreich, Polen und Schweden arbeiten zusammen.

Das Vorhaben ist ein Forschungs-Projekt der Europäischen Union aus dem 5. Rahmenprogramm (die Vertrags-Nummer ist: EVK1-CT 2000-00065).

Im Projekt geht es darum, Hydraulik, Hydrologie und Bio-Chemie in diesen Anlagen besser zu verstehen. Wir haben nur Prozesse in Pflanzen-Kläranlagen mit freiem Wasser-Spiegel untersucht. Diese nennt man auch Pflanzen-Klärteiche. Die Pflanzen-Klärteiche werden zum Beispiel für Abwässer aus der Industrie, Wasser das durch Deponien verschmutzt ist oder zur Reinigung von Wässern aus der Land-Wirtschaft eingesetzt. Es gibt einerseits chemische und biologische Prozesse zur Reinigung von Abwässern. Andererseits spielt die physikalische Reinigung eine entscheidende Rolle. Dabei werden die Schweb-Stoffe entfernt. Wie gut sich Schweb-Stoffe in Pflanzen-Klärteichen absetzen hängt davon ab, wieviel Schweb-Stoffe im Wasser sind, ob Pflanzen oder Wind vorhanden sind und wie hoch die sogenannte Oberflächen-Beschickung ist. Die Oberflächen-Beschickung gibt an wie viel Abwasser im Vergleich zur Wasser-Oberfläche und der Zeit in das Becken fließt. Um das alles zu verstehen, wurde eine große Studie mit physikalischen Modell-Versuchen im Maßstab 1 zu 1 durchgeführt.

Im nord-europäischen Raum (Norwegen, Schweden, Finnland, Estland und Polen) gibt es bereits Anlagen. An ihnen wurden Messungen durchgeführt und wichtige hydraulische Daten ermittelt. Aus diesen Daten konnten die Abmessungen für das physikalische Modell abgeleitet werden. Der Strömungs-Zustand in den meisten Anlagen ist laminar oder laminar-turbulent. Laminar bedeutet, dass das Wasser sehr langsam fließt und sich keine Wirbel bilden. Um die physikalischen Prozesse miteinander vergleichen zu können, müssen die Strömungs-Zustände im Modell und in der Natur ähnlich sein. Das Modell besteht aus zwei 40 Meter langen Rinnen mit Rechteck-Querschnitt (jede Rinne ist 1,5 m breit). Die erste Rinne führt zuerst gerade aus, biegt am Ende nach rechts ab. Das Wasser fließt dann in die zweite Rinne. Diese Rinne führt wieder zum Anfang zurück. Die gesamte Länge des Modells ist 80 m. Vorbild für das Modell war die Anlage Hovi in Süd-Finnland. Kaolin wird als Schweb-Stoff ausgewählt. Es hat einen Korn-Durchmesser im Mikro-Meter-Bereich. Das ist 1000 Mal kleiner als 1 Milli-Meter.

Die Anlage "Primrose" in der Natur

Die Anlage "Primrose" als Modell-Versuch (im Institut)

Das Untersuchungs-Programm besteht aus 4 Teilen. Im ersten Teil ist die Fließ-Tiefe einmal auf 20 cm und dann auf 50 cm eingestellt. Der Durchfluss beträgt entweder 1,6 Liter pro Sekunde oder 3,3 Liter pro Sekunde. Beim zweiten Teil wird die Konzentration der Schweb-Stoffe von 0,2 Gramm pro Liter auf 2,0 Gramm pro Liter verändert. Bei Teil Nummer 3 werden künstliche Pflanzen in das Modell eingebaut. Dabei werden einmal 13 und dann 49 runde, dünne Rohre aus Plastik je Quadrat-Meter befestigt. Dadurch kann man unterschiedlich dicht stehende "Pflanzen" simulieren. Alle „Pflanzen“ sind 52 Zenti-Meter lang und bilden die Pflanze Typha latifolia nach, die in nordischen Pflanzen-Klärteichen wächst.

Die beiden Bilder zeigen einmal die Pflanzen im Klär-Teich in der Natur und einmal die Nachbildung im Modell.

Beim Test Nummer 4 werden Wind-Geschwindigkeiten mit 2,4 und 4,8 Meter pro Sekunde (einmal mit und einmal gegen die Fließ-Richtung) verwendet.

Bei allen Versuchen wird die Geschwindigkeit in alle 3 Raum-Richtungen gemessen. Gemessen wird in mehreren Querprofilen und Lotrechten (das heißt auf verschiedenen Höhen). Zur Messung wird das Gerät ADVLab verwendet. Dieses Gerät sendet Schall aus und empfängt das Echo. Aufgrund des Zeit-Unterschieds zwischen senden des Schalls und empfangen des Echos wird die Geschwindigkeit berechnet. Zusätzlich wird die Schwebstoff-Konzentration in der Strömung und am Boden aufgezeichnet. Nach jedem Test wird auf ausgewählten Flächen das abgelagerte Material herausgenommen, getrocknet und gewogen. Dadurch weiß man, wie sich das Absetz-Verhalten durch die Einflüsse auf der Strecke verändert.

Entnahme des Wasser-Schwebstoff-Gemischs

Messung abgesetztes Material

Man lernte daraus: wenn mehr Schweb-Stoffe im Wasser sind, werden auch mehr Schweb-Stoffe abgesetzt. Bei den Tests ohne Pflanzen setzten sich mehr Schweb-Stoffe ab. Wenn die Schwebstoff-Konzentration hoch ist, flockt das Gemisch leichter. Das führt zu größeren Partikeln und damit auch zu schnellerem Absetzen. Die Vegetation in der Strömung behindert die Flocken-Bildung. Eine höhere Oberflächen-Beschickung (=Abwasser-Eintrag im Verhältnis zu der Oberfläche des Beckens und der Zeit) bewirkt höhere Fließ-Geschwindigkeiten und wirkt sich nicht stark auf das Absetz-Verhalten aus. Die Ergebnisse zeigen, dass eine doppelte Oberflächen-Beschickung kaum Auswirkungen auf die Ablagerungen von Schweb-Stoffen hat und innerhalb der Genauigkeits-Grenze von ± 10 % liegt.
Die Pflanzen in der Anlage führen nicht automatisch zu einer besseren Absetz-Wirkung. Die Absetz-Leistung kann je nach Strömung und Sedimenten sowohl besser als auch schlechter sein. Die Pflanzen-Bestand-Dichte zeigt folgendes Ergebnis: Wenn mehr Pflanzen auf einer Fläche wachsen, dann setzen sich weniger Schweb-Stoffe ab. Das gilt bei niedrigen und hohen Fließ-Geschwindigkeiten und auch für geringe und hohe Schweb-Stoff-Anteile.
Die Auswirkungen durch den Wind zeigen Folgendes: Durch die sehr kleinen Fließ-Geschwindigkeit und die Luft-Strömung über dem Wasser entsteht eine starke Scherung zwischen Wasser und Luft (Scherung ist die Reibung, die zwischen zwei Materialen oder Flüssigkeiten, die parallel zueinander in Bewegung sind entsteht). Das verändert die Geschwindigkeit bezogen auf die Wasser-Tiefe stark. An der Ober-Fläche fließt das Wasser dabei in Richtung der Luft-Strömung am schnellsten. Außerdem entsteht durch den Wind eine Wellen-Bewegung in der Nähe der Ober-Fläche, die bis in die Nähe des Bodens reicht. Solche Bewegungen im Wasser erzeugen eine starke Durchmischung der Flüssigkeit. Das führt dazu, dass die Partikel länger in der Schwebe bleiben und die Absetz-Leistung weniger wird.